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Baustellenbegehung durch das ehemalige ZEKIWA-Hauptgebäude - aktueller Stand zum Baufortschritt

Pressemitteilung der Stadt Zeitz vom 06.10.2020

Davon konnten sich Vertreterinnen und Vertreter der Presse heute (06.10.2020) während einer Baustellenbegehung persönlich überzeugen. Oberbürgermeister Christian Thieme demonstrierte die Baufortschritte gemeinsam mit Christian Villiers, Sachgebietsleiter Stadtentwicklung, Sven Lautenschläger, Sachgebietsleiter Stadtarchiv und Sören Burkhardt von dem beauftragten Architektenbüro "Thoma Architekten".

Viele Jahre bemühte sich die Stadt Zeitz um eine Nachnutzung des repräsentativen ehemaligen Produktionsstandortes für Kinderwagen und heutigen Industriedenkmals. Das Haupt- bzw. Werksgebäude stand nach der Abwicklung des damaligen Volkseigenen Betriebes (VEB) ZEKIWA und dem Anfang der 1990er Jahre erfolgten Rückbau angrenzender Gebäude lange leer. Mit der Verlagerung des Zeitzer Stadtarchivs aus den Räumlichkeiten im Schloss Moritzburg, wo der Zuwachs des Archivgutes bereits jetzt nicht mehr aufgenommen werden kann, ist eine Lösung dieser beiden Aspekte gegeben.
Das unter Denkmalschutz stehende ehemalige ZEKIWA-Werkgebäude wird nach langem Leerstand und Verfall sowie Beschädigungen durch das Hochwasser 2013 energetisch und barrierefrei modernisiert und instandgesetzt.

Für die Durchführung der Baumaßnahme hat die Stadt Zeitz nach einer Ausschreibung die DSK Deutsche Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH als Sanierungsträgerin beauftragt.

Oberbürgermeister Christian Thieme: "Das ehemalige Hauptgebäude ZEKIWA ist das Symbol der Zeitzer Industriegeschichte. Die deutsche Kinderwagenindustrie wurde im 19. Jahrhundert in Zeitz begründet. ZEKIWA selbst war schon vor dem 2. Weltkrieg ein weltbekanntes Unternehmen. Nicht nur historisch sondern auch architektonisch handelt es sich daher um ein Denkmal sondergleichen. Allein die Ästhetik des Gebäudes wird für sich wirken. Auf die neuen, modernsten Räumlichkeiten für unser umfangreiches und wertvolles Stadtarchiv sind wir besonders stolz. Nicht zuletzt aber erwarten wir für die kommenden Jahre eine von diesem Bauvorhaben ausgehende weitere Entwicklung des gesamten Areals, das wunderschön an den Elsterwiesen nahe zum Bahnhof und nicht zuletzt an der wohl meistfrequentierten Straßenkreuzung gelegen ist. Dafür werden wir natürlich den Braunkohlestrukturwandel intensiv nutzen, denn uns bieten sich plötzlich ungeahnte Möglichkeiten, um Zeitz zur Stadt der Zukunft zu machen. Das gilt es zu erkennen, zu nutzen und umzusetzen."

Geschichte und Bedeutung ehemaliges ZEKIWA-Hauptgebäude

Die Geschichte des Zeitzer Kinderwagenbaues beginnt bereits in den 1840er Jahren. Von 1846 bis 1946 entwickelte und baute der Unternehmer Ernst Albert Naether die ersten Modelle der weltberühmten Kinderwagen. Um die Produktion seines Unternehmens "E. A. Naether" erweitern zu können, ließ der Begründer der Zeitzer Kinderwagenindustrie das zweiteilige Werkgebäude 1900 und 1908 (markanter Gebäudeteil ("Ecke") an der Kreuzung) in der Geschwister-Scholl-Straße errichten. 1946 wurde das Unternehmen enteignet, die Produktionsanlagen gingen an den "VEB ZEKIWA" über (ZEitzer KInderWAgen).

Bis zur politischen Wende 1990 war ZEKIWA Europas größte Kinderwagenfabrik. Etwa 2.200 Menschen waren hier beschäftigt. Bis zu 450.000 Kinderwagen und 160.000 Puppenwagen für das In- und Ausland liefen hier vom Band. Exportiert wurde vor allem in die RGW-Staaten ("Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe"), jedoch auch in die Bundesrepublik Deutschland.

Bereits 1990 erfolgten erste Abrissarbeiten. Ende 1991 wurde die Produktion eingestellt. Seitdem steht das Gebäude leer und wurde 1995 unter Denkmalschutz gestellt. 2010 ging das Objekt in den Besitz der Stadt Zeitz über.

Finanzierung der Baumaßnahme

Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 15 Millionen €.
Die Sanierung zur Umnutzung der Obergeschosse im ehemaligen ZEKIWA-Hauptgebäude konnte mithilfe einer 93-prozentigen Förderung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) in Höhe von rund 10,6 Mio. € gefördert werden. Der Eigenanteil der Stadt Zeitz beträgt rund 770.000 €.
Das Sanierungsvorhaben zur Umnutzung der Obergeschosse des Industriedenkmals ist verbunden mit der Beseitigung der Hochwasserschäden 2013 im Untergeschoss des Hauptgebäudes, für die ebenfalls eine Zuwendung gemäß der Richtlinie Hochwasserschäden Sachsen-Anhalt 2013 von rund 3,6 Mio. € gewährt wurde (100-prozentige Förderung).

Baufachliche Informationen zum Gebäude

Objektdaten

Das ehemalige Haupt- bzw. Werkgebäude, ein sechsgeschossiger Massivbau mit einem Untergeschoss, vier Obergeschossen und einem Dachgeschoss in Mauerwerksziegelbau auf Streifenfundamenten, besteht aus dem 1908 errichteten westlichen Gebäude 51 mit Stahlbetonstützen auf Einzelfundamenten, Stahlbetondecken und dem bereits 1900 erbauten östlichen Gebäude 52 mit Gusseisenstützen und teilweise Betonkappendecken.

Grundfläche: ca. 1.500 m²
Geschossanzahl: 6 inkl. Dachgeschoss
Gewerbefläche: ca. 1.090 m²
Magazinfläche: ca. 3.080 m²
Büroflächen: ca. 130 m²
Ausstellungs- u. Kulturflächen: ca. 590 m²
Sonstige Lagerfläche: ca. 180 m²

Bauarbeiten am Objekt

Die vorbereitenden Arbeiten begannen im Mai 2019 (zum Beispiel Baustellensicherung). Im Oktober 2019 begannen dann die direkten Arbeiten am Gebäude mit den Ertüchtigungen der unterspülten Fundamente.

2021 sind folgende Arbeiten geplant: Schlosser, Brandschutzbeschichtungen, Sanitär, Estrich, Heizung, Elektro, Putz/Innendämmung, Maler, Dach- und Zimmerarbeiten (Fläche Dachsanierung ca. 1400 m² und Abdichtung ca. 1000 m²), Einbau von 194 Außenfenstern und -türen sowie Sonnenschutz und die Vorhangfassade (Metallfassade).

Informationen zur denkmalgerechten Sanierung

Das Gebäudeensemble und die Außenanalgen stehen unter Denkmalschutz, daher wird bei der Gestaltung ein erhöhter Wert auf den Erhalt historischer Bauteile, aber auch der allgemeinen Wirkung des Bauwerkes, gelegt. Der bestehende Baukörper bleibt in seiner grundsätzlichen Form unverändert. Die zahlreichen Fenster werden, unter Beachtung von energetischen und Sicherheitsanforderungen, an die historischen Vorlagen angelehnt. Durch Nutzung einer mineralischen Innendämmung lassen sich die Schaufassaden weitgehend unverändert restaurieren und gleichzeitig energetisch ertüchtigen. Besondere Elemente wie die Guss- und oktogonalen Betonstützen, die Betonkappendecke oder die Stahl- und Betontreppen bleiben für BesucherInnen sichtbar erhalten.

Barrierefreiheit

Das Untergeschoss, mit einer Raumhöhe von ca. 6,50 m, wird aufgeschüttet und erhält eine neue Bodenplatte samt Fußbodenaufbau, wodurch zukünftig ein barrierefreier Zutritt zum Gebäude auf Geländeniveau möglich wird. Bis auf wenige Einschränkungen, welche sich aus der Bestandsituation ergeben, sind alle Bereiche des Gebäudes über Aufzüge und stufenlose Übergänge barrierefrei gestaltet. Dies ist auch für den Transport des Archivgutes von Vorteil. Die öffentlichen Bereiche sind zur besseren Orientierung und zur Übersicht für die Mitarbeitenden offen gestaltet. Auch die ursprüngliche Raumwirkung kann so erhalten bleiben.

Neues Nutzungskonzept

Gewerbeflächen

Im Erdgeschoss des ehemaligen ZEKIWA-Werkgebäudes sind zwei Gewerbeeinheiten geplant, welche sich auch zusammenschalten lassen. Zugelassen sind Gewerbe, die das Wohnen nicht erheblich stören (sogenanntes "Mischgebiet"), zum Beispiel Autohändler, Kreativwirtschaft, Restaurant, Kinderwagenmanufaktur. Die Gewerbeflächen umfassen ca. 1.090 m².

Die Gewerbeflächen sollen vermietet werden. Die Stadt Zeitz sucht daher nach Interessenten. Bei bezugsfertigen Mieträumen ist eine Kaltmiete von 4,50 -6,00 €/m² anzusetzen. Da nach der Hochwassersanierung im Erdgeschoss noch kein voller Vermietungszustand hergestellt wird, fällt die Kaltmiete voraussichtlich niedriger aus. Dies ist je nach Nutzung noch mit der Mieterin / dem Mieter zu verhandeln.
Im Erdgeschoss befinden sich außerdem der Zugang zum Stadtarchiv sowie ein paar Medienanschlussräume.

Stadtarchiv

Das Archiv wird für einen nutzungsorientierten Betrieb grundsätzlich über zwei getrennte Bereiche verfügen, einen nicht öffentlichen Bereich zur Lagerung des Archivgutes und einen öffentlichen/halböffentlichen Bereich für den Publikumsverkehr und die Bearbeitung des Archivgutes. Die Gesamtfläche des Archives beträgt ca. 4.000 m2.

Die Magazine werden in den Obergeschossen 1 bis 4 angeordnet. Hier entsteht Platz für ca. 10.000 laufende Meter Archivgut, hauptsächlich aus Papier, welches in Regalen gelagert werden soll. Die Magazine bilden damit den nicht öffentlichen Bereich.
Im östlichen Gebäude 52 ist der öffentliche/halböffentliche Bereich vorgesehen. Auf Ebene 1 werden sich die Räume für Wechselausstellungen, Vorträge und Seminare befinden, auf Ebene 2 die Lesesäle und Dauerausstellungsräume, auf Ebene 3 Büro- und Bearbeitungsräume der Mitarbeitenden und auf Ebene 4 die sonstigen Lager- und Nebenräume.

Ebene 5 unter dem Dach wird zur neuen Technikzentrale ausgebaut, damit diese im Fall eines neuerlichen Hochwassers geschützt ist.

06.10.2020