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Kein Logo für Zeitz: Niederlage für Oberbürgermeister? Niederlage für Zeitz!

Der Zeitzer Stadtrat hat in einer Sitzung am 12.11.2020 knapp gegen ein Logo für Zeitz gestimmt. Weder Variante 1 "Rathausturm und ZZ" noch der Favorit der Stadtverwaltung Variante 2 "Vierpass" fand die Zustimmung des Stadtrates.

Auftrag der BürgerInnenschaft: Wir brauchen ein Corporate Design!

Zeitz ist eine schrumpfende Stadt und daher auf Zuzug angewiesen. Die Stadt muss darum Unternehmen, InvestorInnen und potentielle EinwohnerInnen auf sich aufmerksam und neugierig auf Zeitz machen. Sie muss sich im Wettbewerb mit anderen Städten und Standorten um Firmen und EinwohnerInnen behaupten. Dafür braucht die Stadt einen modernen Außenauftritt, der für Zeitz wirbt. Es braucht eine Zeitzer "Marke", die Zeitz weitläufig bekannt macht.
Aufgrund der Dringlichkeit und Notwendigkeit eines Corporate Designs haben Stadtrat und BürgerInnenschaft im Maßnahmenkatalog zum Zeitzer Leitbild die Entwicklung eins Corporate Designs als eine der obersten Prioritäten für das Jahr 2020 festgelegt. Dass Zeitz ein Corporate Design braucht, steht außer Frage. Das Leitbild und der dazugehörige Maßnahmenkatalog entstanden unter direkter Beteiligung von BürgerInnen und Unternehmen und wurden vom Stadtrat 2019 beschlossen.

Ein langer Weg nach bestem Wissen und Gewissen

Die Design-Entwürfe basieren auf dem Leitbild der Stadt Zeitz. Darüber hinaus wurden die Mitglieder des Stadtrates - als demokratisch gewählte RepräsentantInnen der Zeitzer BürgerInnenschaft - und die Verwaltungsmitarbeitenden von Anfang an aktiv in die Logo-Entwicklung mit einbezogen. Sie wurden im Februar 2020 gebeten an einer Umfrage teilzunehmen, deren Ziel es war, die markantesten Merkmale von Zeitz für die Design-Entwicklung herauszustellen. Darüber hinaus war im April 2020 ein Workshop geplant, in dem StadträtInnen und Verwaltungsmitarbeitende ihre Ideen und Anregungen für ein Logo einbringen konnten. Aufgrund der Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus’ konnten die Workshops leider nicht stattfinden. Als Alternative wurde eine Online-Beteiligung angeboten. Darin bat die Stadtverwaltung die StadträtInnen, ihre Netzwerke über die Logo-Entwicklung zu informieren und Ideen einzubringen. Danach war die "Input-Phase" abgeschlossen und die Design-Entwicklung konnte beginnen.
Die Design-Entwürfe wurden dem Stadtrat im Bildungsausschuss und im Hauptausschuss im September 2020 präsentiert. Nach lebhaften und auch kritischen Diskussionen empfahl der Hauptausschuss mit einem Änderungsantrag dem Stadtrat das Logo "Vierpass" mit sieben Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung.

Wie geht BürgerInnenbeteiligung?

Turbulent wurde es ab dem 08.10.2020, als die Fraktion ALL/FDP/FWT einen Änderungsantrag stellte und unter anderem direkte BürgerInnenbeteiligung für die Logo-Entscheidung forderte, ohne jedoch einen Vorschlag zu unterbreiten, wie eine BürgerInnenbeteiligung organisiert werden könnte. Der Stadtrat lehnte den Antrag ab.

Oberbürgermeister Christian Thieme: "Auch ich bin ein Freund von Bürgerbeteiligung. Daher haben wir selbstverständlich an die Bürger gedacht und ihre geleistete Arbeit im Leitbildprozess angewendet. Die Bürger wurden unmittelbar über das Leitbild mit einbezogen, denn das war Grundlage für die Designentwürfe. Auch die Mitglieder des Stadtrates als gewählte Volksvertreter waren unmittelbar beteiligt. Es gibt auch niemanden, der besser legitimiert wäre, die Bürgermeinungen zu vertreten, denn der Stadtrat ist demokratisch gewählt. Es ist der ureigene Auftrag des Stadtrates, Entscheidungen zum Wohle der Stadt zu treffen. Und bei der Logo-Entwicklung war der Stadtrat von Anfang an dabei."

Für die Ablehnung des Logos durch den Stadtrat gab es zwei Gründe: die Verfahrensweise der Stadtverwaltung und die Logo-Designs:

Kritik an Verfahrensweise der Stadtverwaltung

Die KritikerInnen bemängelten, dass die Stadtverwaltung 2019 eine beschränkte Ausschreibung initiiert hat und der Auftrag zur Markenpositionierung per Eilentscheidung erteilt worden war. Darüber und über das Ergebnis des Vergabeverfahrens wurden die StadträtInnen am 12.12.2019 im öffentlichen Teil der Stadtratssitzung informiert. Die Eilentscheidung war vergaberechtlich alternativlos und die beschränkte Ausschreibung legitim.

Oberbürgermeister Christian Thieme: "Mir ist absolut unverständlich, dass die Kritik an der Vergabe jetzt, fast ein Jahr nach Bekanntgabe der Entscheidung, so hohe Wellen schlägt."
Natürlich kann die Verfahrensweise der Stadtverwaltung diskutiert und kritisiert werden. Doch der Stadtrat hatte fast ein Jahr lang Zeit, effektiv und konstruktiv Einfluss auf die Verfahrensweise zu nehmen - also auch sie zu kritisieren oder zu ändern, um mögliche Zweifel auszuräumen - wenn er gewollt hätte. Doch bis Oktober 2020 ist der Stadtrat dem Vorschlag der Stadtverwaltung gefolgt.

Die Fraktion DIE LINKE/ZfZ hat am 12.11.2020 einen Prüfantrag an das Rechnungsprüfungsamt initiiert, um die Vergabe an den Dienstleister für die Markenpositionierung überprüfen zu lassen. Die Erteilung des Prüfauftrages fand die Zustimmung des Stadtrates.

Oberbürgermeister Christian Thieme: "Ein Prüfauftrag ist etwas völlig Normales. Von mir aus gerne. Ich verstehe nur nicht, warum das jetzt alles erst kommt. Das hätte schon Anfang 2020 geklärt sein können."

Darüber hinaus kritisierte insbesondere die Fraktion ALL/FDP/FWT, dass die Designentwürfe im nicht öffentlichen Teil der Ausschuss- und Stadtratssitzungen präsentiert wurden und stellte einen Prüfauftrag an die Kommunalaufsicht.

Das Ergebnis: Die Verortung im nicht öffentlichen Teil war bis 08.10.2020 rechtens, da rechtlich geschützte Interessen der beauftragten Firma bis zu diesem Zeitpunkt einer öffentlichen Befassung entgegenstanden. Da aber zwischenzeitlich seitens der Stadt Zeitz die Zahlung für die Entwürfe erfolgte, sei der Tagesordnungspunkt somit nunmehr in den öffentlichen Teil der Sitzung zu verlegen. Daher wurden die Entwürfe in der Sitzung des Stadtrates am 12.11.2020 öffentlich präsentiert.

Kritik an den Design-Entwürfen - Einmaligkeit oder Wiedererkennungswert?

Auch inhaltlich erhielten die Design-Entwürfe Kritik. Hauptkritikpunkt war, dass insbesondere der Favorit der Stadtverwaltung, der "Vierpass", nicht einmalig sei. Auch andere Städte und Unternehmen würden auf dieses Symbol zurückgreifen.

Oberbürgermeister Christian Thieme: "Dazu muss ich sagen, dass die Erwartungshaltung, etwas Einmaliges zu bekommen, viel zu hoch war. Was ist schon einmalig in einer Welt, in der es zig tausende Logos gibt? Was wir erwarten konnten und auch bekommen haben, ist der Wiedererkennungswert einer Zeitzer Marke. Das ist die ureigene Aufgabe eines Logos und Corporate Designs. Genau das hat der Vierpass geschafft. Aber dazu hätte sich der eine oder andere mit der Materie etwas mehr beschäftigen müssen."

Auch andere Städte wählten die Vorgehensweise, für die sich die Stadt Zeitz entschied. Kritik an den Designs gab es überall.

Das Ergebnis ist ein Scherbenhaufen

Seit dem 08.10.2020 war die öffentliche Diskussion um ein Logo und Corporate Design von Einseitigkeit und Skepsis geprägt, die durch die mediale Berichterstattung verschärft wurde. Im Zuge dieser Diskussion erhielten Zeitzer StadträtInnen Briefe des "Aktionsbündnisses Zeitz", die die Logo-Entwürfe und die beautragte Firma diskreditierten. Alternativvorschläge, wie die Stadt konstruktiv auf die Einwände eingehen könnte, gab es nicht.

Oberbürgermeister Christian Thieme: "Das Ergebnis ist ein riesengroßer Scherbenhaufen. Wir sind keinen Schritt vorangekommen. An diesem Ergebnis erkennt man auch, dass die Kritik rein destruktiv war. Es ist nichts, rein gar nichts Gutes passiert. Es wurde nur etwas kaputt gemacht. Mir ist dieses Vorgehen auch menschlich total fremd. Warum tut man sowas? Und vor allem: Wem nützt es? Das ist keine Niederlage des Oberbürgermeisters, sondern eine Niederlage für Zeitz, für uns alle!"

Denn das Ergebnis ist, dass Zeitz - im Gegensatz zu vielen anderen Städten - immer noch keine Markenpositionierung hat. Es existieren auch keine Vorschläge, wie man künftig zu einer Markenpositionierung kommen soll. Dadurch besteht die Gefahr, dass Zeitz im Standortwettbewerb der Städte um Unternehmen, Fachkräfte und EinwohnerInnen weiter ins Hintertreffen gerät.

Fatales Signal an die Wirtschaft

Oberbürgermeister Christian Thieme: "Dass der Stadtrat nach fast einem Jahr Arbeit ein Logo für die Stadt auf den letzten Metern ablehnt, ist für die Wirtschaft ein fatales Signal. Natürlich gehören Diskussionen und Auseinandersetzungen zum Wesen der Demokratie. Doch welche Firma will sich denn an einem Standort niederlassen, an dem der Stadtrat öffentlich und imageschädigend gegen eine gute Sache für die Stadt streitet? Das hätte man ohne Weiteres sachlich machen können."

13.11.2020