Stadt ehrt Naether Geschwister für jahrzehntelanges Engagement - Ehrenbürgerrecht an Ernst-Albert Naether verliehen
Pressemitteilung der Stadt Zeitz vom 30.10.2025
Der Zeitzer Stadtrat hat in seiner Sitzung am 9. Oktober 2025 den Beschluss gefasst, Herrn Ernst-Albert Naether für seinen großzügigen, unermüdlichen und vielseitigen Einsatz zur Förderung des Gemeinwesens sowie der Geschichte und Kulturlandschaft von Zeitz das Ehrenbürgerrecht zu verleihen.
Noch am selben Abend nutzte Oberbürgermeister Christian Thieme einen Moment, um Ernst-Albert Naether die Nachricht telefonisch zu überbringen. „Die Freude war groß und da ich wusste, dass Herr Naether am 30. Oktober in Zeitz zu Gast ist, habe ich die Chance genutzt und kurzerhand diesen Tag für die festliche Verleihung des Ehrenbürgerrechts vereinbart“, erklärt Christian Thieme.
Der am 19. Juni 1936 in Zeitz geborene Diplom-Psychologe und Zeitzer Ehrendomherr Ernst-Albert Naether hat sich in den vergangenen 35 Jahren für seine Geburtsstadt Zeitz eingesetzt und sie mit großartigem Engagement unterstützt. Der bereits Jahrzehnte andauernde Einsatz für Zeitz ist dabei nicht selbstverständlich, denn seine Familie verlor hier schon einmal alles. Die Firma E. A. Naether, um 1900 die größte Kinderwagenfabrik Deutschlands, wurde 1946 enteignet. Dem 12-jährigen Ernst-Albert Naether wurde als Kapitalistensohn zudem der Besuch des Gymnasiums verwehrt. Kein Wunder also, dass die Familie der Stadt den Rücken kehrte und sehr bewundernswert, dass Ernst-Albert Naether nach dem Sturz des DDR-Regimes sofort damit begann, der Stadt die Hand zu reichen, um sich und seine Familie wieder mit Zeitz zu versöhnen.
Die deutsche Wiedervereinigung war gerade erst vollzogen, als Ernst-Albert Naether erste Beziehungen in Zeitz knüpfte und hier nicht nur mit ehrenamtlichem Engagement, sondern auch mit finanzieller Hilfe für soziale Projekte zeigte, dass er seine, wie er selbst sagte, „zweiten Zeitz Jahre“ nutzen will. Unabhängig davon unterstützt Ernst-Albert Naether die Aufarbeitung der Industriegeschichte in Bezug auf die Kinderwagenherstellung in Zeitz, deren Anfänge eng mit der Familie Naether verbunden sind und die letztendlich dazu führte, dass die ZEKIWA-Produkte aus Zeitz später weltweit Anklang fanden.
Zu Ernst-Albert Naethers Selbstverständnis gehört es ebenso, dass er dem Museum Schloss Moritzburg Zeitz zahlreiche Exponate und Kunstgegenstände aus dem enteigneten Privateigentum seiner Familie nach der Rückgabe in den 1990er-Jahren als Dauerleihgabe überließ. Darunter befinden sich wertvolle Dokumente wie ein Festalbum zum 50-jährigen Jubiläum der Firma E. A. Naether von 1896 und die Porträts von Ernst Albert, Richard, Albin und Walter Naether, den Direktoren der Naether-Werke in 100 Jahren Firmengeschichte.
In den Jahren 2005 bis 2010 widmete sich Herr Naether intensiv der Vergangenheit seiner Zeitzer Vorfahren und erarbeitete in seiner Wahlheimat Hamburg eine Chronik der Naether’schen Familien- und Firmengeschichte. Exemplare dieser drei Bände mit Originaldokumenten aus über 150 Jahren wurden auch dem Museum Schloss Moritzburg und dem Stadtarchiv Zeitz zu weiteren Forschungszwecken übergeben. Über diese Chronik kam es auch zum Kontakt mit den Vereinigten Domstiftern. Vor dem Hintergrund der nachgewiesenen Lebensleistung der Zeitzer Familie wurde Ernst-Albert Naether 2013 zu einem ihrer Domherren gewählt und ist seit 2018 der Ehrendomherr.
Die Wahl zum Domherrn beruhte auch auf der Erkenntnis des damaligen Dechanten Curt Becker und seiner Nachfolgerin Karin Freifrau von Welck, dass man das Kapitel Zeitz stärker einbeziehen müsse. Diese Aufgabe nimmt Ernst-Albert Naether bis heute sehr engagiert wahr. Sein Ziel als Domherr war es von Anfang an, die Zeitzer Stimme des Domstifts zu sein. „Und was ist mit Zeitz?“ war und ist seine ständige Frage in den regelmäßigen Kapitelsitzungen.
Im Domkapitel herrscht durch den dauerhaften Einsatz Ernst-Albert Naethers wie selbstverständlich der Geist vor, dass man Verantwortung für alle drei Städte hat. Deutlich wird dies unter anderem an in Zeitz umgesetzten Projekten, wie der Ausstellung „Dialog der Konfessionen – Bischof Julius Pflug und die Reformation“ 2017, der aufwendigen Sanierung der Michaeliskirche, der denkmalgerechten Sanierung der „Nonnenkapelle“ darin, der abendlichen Beleuchtung von St. Michael, der Präsenz der Stiftsbibliothek, der Digitalisierung der darin befindlichen wertvollen Buchbestände und der von den Domstiftern gestarteten „Bibliotheksinitiative“.
Zur Umsetzung war neben dem ehrenamtlichen Engagement auch ein großer finanzieller Aufwand notwendig. Es gelang Ernst-Albert Naether auch seine 1944 in Zeitz geborene Schwester Gloria-Maria Holzhey für ein finanzielles Engagement zu gewinnen, sodass sich die Familie auch substantiell einbrachte. Mehrere Projekte wurden erst dadurch ermöglicht. Auch jetzt widmet sich die Familie neben dem sozialen und kulturellen Engagement auch weiterhin der finanziellen Unterstützung verschiedener Projekte in Zeitz.
Neben Großspenden für die Nonnenkapelle und die Zeitzer Stiftsbibliothek wurden auch das Museum und das Stadtarchiv finanziell großzügig unterstützt. Hinzu kommen nennenswerte Sachspenden wie zum Beispiel die Sammlung historischer Kinderbücher. Auch die philatelistische Sammlung von Firmenbriefen aus dem Nachlass von Kommerzienrat Richard Naether gelangte als Dauerleihgabe an das Deutsche Kinderwagenmuseum Zeitz und ist Teil der dortigen Ausstellung.
Darüber hinaus unterstützte die Familie Naether nach Anregung durch Ernst-Albert Naether verschiedene Zeitzer Initiativen wie Neues Theater Zeitz, Lutheridenbibliothek, Weinverein Posa, das Haus der Jugend, Förderverein Evangelische Grundschule, Fördergesellschaft Schloss Moritzburg, den Maler Uwe Starke und andere mit weiteren Spendenbeträgen. In der Judenstraße 2 ließ Ernst-Albert Naether im Sommer 2016 eine Gedenktafel anbringen, die auf Ernst Albert Naether (1825-1894), den Begründer der Zeitzer Kinderwagenindustrie hinweist, der im dortigen Vorgängerbau bis in die 1870er Jahre als gelernter Stellmacher wirkte und seine ersten Kinderwagen baute. Mit Hilfe eines Zeitzer Hobbymalers entstanden zwölf Motive rund um die einstige Naether’sche Welt in Zeitz, aus denen sich ein ganzes Postkartenalbum entwickelte.
Immer wieder engagierte sich Ernst-Albert Naether persönlich sehr stark für Zeitz. Zwischen 2013 und 2023 verbrachte er rund 220 Tage in Zeitz. Dabei trat er immer wieder als Redner in Erscheinung. Er hielt hierbei auch zahlreiche Vorträge zur Zeitzer Industriegeschichte. In dieser Zeit entstanden mit Petrik Wittwika als Autor zwei Bücher zur Zeitzer Kinderwagenindustrie im renommierten Mittdeutschen Verlag, deren Veröffentlichung Ernst-Albert Naether als Herausgeber und seine Schwester Gloria-Maria Holzhey als Mitherausgeberin ermöglichten. Vom ersten Buch „Von Zeitz in die Welt“ wurden auf Kosten Ernst-Albert Naethers 250 Exemplare an die öffentlichen Bibliotheken in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen gespendet. Ein ähnliches Vorhaben wurde mit dem Buch „Kinderwagen für Millionen“ aus Anlass des 200. Geburtstag von Ernst Albert Naether im Jahr 2025 umgesetzt.
Ferner initiierte Ernst-Albert Naether 2015 eine Ausstellung des Stadtarchivs Zeitz mit einer umfassenden Dokumentation zur Geschichte von „Haus Steineck“, der späteren Villa „Weltfrieden“, die auf sehr große Resonanz stieß. In dieser Projektzeit hat sich Ernst-Albert Naether aufs Neue als hervorragender Teamplayer unter Beweis gestellt, dem vor allem eins wichtig ist: Förderung der Geschichte und Kultur von Zeitz.
Im Erzgebirge entdeckte Ernst-Albert Naether 2016 ein einzigartiges Depot mit Kinderfahrzeugen, die von der Firma E.A. Naether in Zeitz hergestellt wurden. Mittels einer Spende ermöglichte er es, dass diese 2018 für drei Monate in der Ausstellung „Bubirad & Sausewind“ erstmals in Zeitz zu sehen waren. Eckart Holler, der das Museum 2018 mit zahlreichen Stücken aus seiner Privatsammlung unterstützt hat, unterbreitete dem Museum das Angebot zum Erwerb von insgesamt 17 Exponaten aus dieser Sammlung. Ernst-Albert Naether und seine Schwester Gloria-Maria Holzhey stellten der Stadt Zeitz, zweckgebunden für den Erwerb dieser Exponate und für deren Präsentation im Museum Schloss Moritzburg Zeitz, 10.000,00 € zur Verfügung. 2024 wurden die Fahrzeuge dann durch die Stadt Zeitz erworben und gehören Dank der Familie nun zum Bestand des Deutschen Kinderwagenmuseums.
„Auch nach so vielen Jahren ist Ernst-Albert Naether noch nicht am Ziel seines Weges angekommen, aber es wurde Zeit, ihn für sein bisheriges Wirken in Zeitz mit der Verleihung des Ehrenbürgerrechts zu ehren. Man könnte Stunden über die Dinge sprechen, welche er auf den Weg gebracht hat und noch immer begleitet. Es freut mich, dass wir Menschen wie Ernst-Albert Naether in unseren Reihen haben“,
so Oberbürgermeister Christian Thieme beim offiziellen Termin zur Auszeichnung, welcher am heutigen Donnerstag um 15 Uhr im Festsaal von Schloss Moritzburg Zeitz stattfand.
Ernst-Albert Naether zeigte sich bereits bei der Laudatio, welche von seinem langjährigen Weggefährten Petrik Wittwika gehalten wurde, gerührt und rang auch bei der Urkundenübergabe verbunden mit dem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Zeitz mit den Tränen, fand aber passende Worte und sagte:
„Es bedeutet mir unglaublich viel, dass mein Tun in und für Zeitz mit der Ehrenbürgerschaft gewürdigt wird. Ich stünde jetzt nicht hier, hätte es meine wunderbaren Vorfahren nicht gegeben, deren Wirken in und für Zeitz den Stoff für mein Engagement geliefert hat“.
Doch wie bereits beschrieben, engagiert sich nicht nur Ernst-Albert Naether für Zeitz, denn auch seine Schwester Gloria-Maria Holzhey hat mit ihrem meist stillen Engagement zahlreiche Projekte in Zeitz ermöglicht. Deshalb wurde die Gunst der Stunde genutzt, um auch Gloria-Maria Holzhey, geb. Naether, für ihr großes finanzielles Engagement rund um die Nonnenkapelle in der Zeitzer Michaeliskirche und zu vielen anderen Gelegenheiten mit einem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Zeitz zu ehren.
Die Feierlichkeiten rund um die Ehrungen sollten nun mit Sektempfang im Schaudepot des Deutschen Kinderwagenmuseum enden. Jedoch hatte Ernst-Albert Naether noch eine Überraschung parat. Er stellte erneut sein Engagement zur Bewahrung der Zeitzer Geschichte unter Beweis und übergab den zweiten Teil der Sammlung „Naether´sche Kinderfahrzeuge“ als Dauerleihgabe an das Deutsche Kinderwagenmuseum. Nun komplettieren weitere 14 wertvolle Exponate die Sammlung und ermöglichen es, die Produktpalette Naether´scher Kinderfahrzeuge umfassend museal darzustellen.
Oberbürgermeister Christian Thieme, die Sachgebietsleiterin Kultur und Tourismus, Maria Fischer und Museumsleiterin Kristin Otto nahmen die Fahrzeuge dankend entgegen.
„Sie sind immer für eine Überraschung gut. Da kommen Sie als Gast nach Zeitz, weil wir Ihnen das Ehrenbürgerrecht verleihen und Sie bringen uns ein Geschenk dafür mit. Großartig. Vielen Dank an Sie, lieber Ernst-Albert Naether und natürlich auch an Sie, liebe Gloria-Maria Holzhey“,
so Thieme bei der Übergabe und Präsentation.
Quelle: Stadt Zeitz