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Interview mit Oberbürgermeister Christian Thieme

"Zeitz - Die Kleinstadt" liegt inmitten eines Braumkohlereviers. Bis 2038 soll der Ausstieg aus der Braunkohle vollzogen sein. Zeitz ist eine Stadt im Wandel und möchte diesen Wandel aktiv und gemeinam mit den Einwohnern und Unternehmen gestalten. Oberbürgermeister Christian Thieme gibt im Interview spannende Einblicke, wie dieser Wandel konkret aussieht.

Herr Thieme, wo befindet sich der aktuelle Stand des Wandels für Zeitz? Welche Vorhaben konnten 2022 abgeschlossen werden? Welche Projekte sollen in diesem Jahr über die Bühne gebracht werden? Welche neuen Projekte sind für die kommenden Monate geplant?

Strukturwandel, Nachhaltigkeit und Smart City sind zentrale Themen unserer Stadt. Mit den Maßnahmen, welche bereits laufen, sind wir auf einem guten Weg und auch wenn nicht alles sofort sichtbar ist, passiert im Hintergrund viel und man findet beim Hinschauen unzählige Entwicklungen und Leuchttürme. Dazu gehört unter anderem die Sanierung des Bahnhofsgebäudes samt Busbahnhof sowie das ehemalige ZeKiWa-Hauptgebäude, welches gerade zum Archiv der Stadt umgebaut wird. Doch das Gelände bietet mehr Potenzial für Zeitz und wurde deshalb vom Land als Sachsen-Anhalt-Projekt ausgewählt, um genau hier die Idee des Neuen Europäischen Bauhauses umzusetzen. Als städtebauliches Filetstück, bietet es beste Voraussetzungen, ein ganzes Quartier neu zu gestalten, vor allem mit Blick auf die interdisziplinäre und ganzheitliche Entwicklung. Hierbei arbeitet die Stadt Zeitz mit einem großen Partnernetzwerk zusammen.


Mit Sekundarschule III und Grundschule Stadtmitte, Brikettfabrik Hermannschacht, dem Digitalisierungszentrum, Mehrgenerationenhaus, Vater-Jahn-Turnhalle und der geplanten S-Bahn-Verbindung gibt es noch zahlreiche weitere Projekte im Strukturwandel. Diese laufen natürlich über mehrere Jahre. Letztendlich geht es neben der notwendigen Gebäudesanierung um Nachhaltigkeit, Klimarelevanz und Zukunftsfähigkeit.
Insbesondere legt die Stadt Zeitz einen Aufgabenschwerpunkt auf die nachhaltige Entwicklung der Stadtlandschaft sowie der Quartiersentwicklung. Im innerstädtischen Bereich geht es dabei um die Verringerung des Leerstands sowie die Gestaltung der öffentlichen Räume mit dem Ziel der Attraktivitätssteigerung und Verbesserung der Co²-Bilanz zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität.


Darüber hinaus sind aber vor allem auch in Zeitz und der Region zahlreiche herausragende Vorhaben der unterschiedlichsten Beteiligten aus der Wirtschaft in der Planung, die einen wesentlichen Beitrag zum Strukturwandel und zu Transformation leisten werden, damit auch die Wirtschaft im Kernrevier nachhaltig, flächendeckend und zukunftsgerichtet wächst und entsprechende Wertschöpfung und Arbeitsplätze entstehen.

Hat Zeitz Ihrer Meinung nach Strahlkraft?

Natürlich hat die Stadt Strahlkraft, erfindet sich in gewisser Weise gerade neu und stellt sich den Herausforderungen der Zukunft aktiv, was mich an der Stadt fasziniert und begeistert. Zeitz, die Grüne Wohn- und Kulturstadt an der Weißen Elster, kann auf eine über 1050-jährige Geschichte zurückblicken. Eine herrschaftliche Dame könnte man sagen – ein bisschen in die Jahre gekommen, aber lebendig, liebens- und sehenswert. Die Stadt hat bereits viel erlebt, entwickelt sich aber durch die Unerschütterlichkeit und Kreativität der Menschen weiter, hat an allen Ecken und Enden etwas zu bieten und zeigt langsam wieder ihre außergewöhnliche Schönheit.

Wenn ja, in welchen Bereichen sehen Sie diese Strahlkraft?

Vor allem die Bürgerinnen und Bürger, tragen dazu bei, dass wir den Wandel erfolgreich vollziehen und gestärkt daraus hervorgehen. Wohin man schaut, sind Engagierte und Kreative aktiv. Das Kunsthaus in der Rahnestraße, die „Nudel“ als Kreativzentrum, Kloster Posa oder der Co-Working-Space WOW, der mit Medizinischem Versorgungszentrum und Firmen für mehr Leben in der Innenstadt sorgen wird. Die Industrie vor Ort wird weiterwachsen und mit dem Wasserstoffnetzwerk werden sich in der Region neue Unternehmen ansiedeln und neue Arbeitsplätze entstehen.

Es wird mit Angeboten für Bildung, Kultur, Natur- und Umweltschutz geworben. Welche Erfolge konnten hierbei bereits für die Stadt verbucht werden?

Unser langfristiges Ziel ist die Entwicklung guter Produktions- und Präsentationsbedingungen für Kreative und Kulturschaffende. Dafür arbeitet die Stadt Zeitz Hand in Hand mit Freischaffenden und Gewerblichen der Kultur- und Kreativwirtschaft sowie kulturellen Initiativen und präsentiert und etabliert sich so als Kulturstadt und Ort der Kreativwirtschaft.

Zur erfolgreichen Umsetzung des Strukturwandels gehören auch Quartiers- und Nachhaltigkeitsmanagement, denn auch diese Themen müssen neu gedacht und entwickelt werden, um Unternehmen und Menschen für die Region zu begeistern.  Deshalb rückt neben Arbeitsplatzschaffung und Fachkräftegewinnung auch dies ins Zentrum der Stadtentwicklung, so dass sich Stadt und Region letztendlich zukunftsorientiert-, attraktiv-, lebens- und liebenswert weiterentwickeln können. Dabei sollen beispielgebende Lösungsansätze für die Frage, wie wir morgen leben wollen, aufzeigt werden. Unter dem Label „Stadt der Zukunft“ will die die Stadt Zeitz gemeinsam mit ihren Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen, Organisationen der Zivilgesellschaft und externen Partnern beispielgebende Lösungen und Projekte für eine nachhaltige wirtschaftliche Neuausrichtung sowie eine ressourcenschonende und klimaneutrale Stadtentwicklung realisieren.

Haben sich schon neue Firmen angesiedelt? / Um welche Gewerbe handelt es sich?

Neuansiedlungen im Transformationsprozess erfordern sowohl von der öffentlichen Hand als auch von der Wirtschaft mittel- bis langfristige konzeptionelle und strategische Planungen. Seit einigen Jahren arbeiten in diesem Kontext Stadtverwaltung und Wirtschaft besonders intensiv zusammen, um Rahmenbedingungen für Entwicklungen und Ansiedlungen von Unternehmen möglichst passgenau zu gestalten. Dies gilt branchenübergreifend und nicht nur im Hinblick auf den wirtschaftlichen, sondern auch den sozialen und kulturellen Wandel in der Gesellschaft. Es geht dabei um Verkehrs- und digitale Infrastruktur, Städtebau, Bildung, Kultur und Tourismus.

In der Industrie stehen Neuausrichtungen und Erweiterungen bevor, im Klein- und Mittelstand gibt es Erweiterungsbedarfe auf der einen Seite, der Fortbestand von Firmen steht andererseits vor der Herausforderung der Fachkräftegewinnung auch im Hinblick auf Unternehmensnachfolgen. Im Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft gibt es inzwischen spürbar mehr Nachfrage, sich in Zeitz anzusiedeln bzw. die Stadt Zeitz mit verschiedensten Projekten zu beleben.

Welche Möglichkeiten werden den Einwohner geboten, denen durch den Ausstieg aus der Kohle auch der Wegfall ihres Arbeitsplatzes bedeutet?

Strukturwandel heißt für die meisten schlichtweg Wegfall von Arbeitsplätzen. Jedoch geht es insbesondere um Veränderungsprozesse, in der Arbeitswelt, die für viele Beschäftigte eine Weiterbildung und somit auch qualifizierte Arbeitsplätze ermöglichen. Der Strukturwandel bietet für unsere Region eine einmalige Chance, die wir nutzen wollen und die uns von anderen „Kleinstädten“ unterscheidet. Als Verwaltung stellen wir die Weichen, um der Wirtschaft der Zukunft den Weg zu ebnen. Die daraus entstandenen Netzwerke und die Zusammenarbeit tragen erste Früchte, denn ansässige Firmen wie Südzucker, Zeitz Guss oder die MIBRAG stellen sich neu und zukunftsorientiert auf, was dazu führt, dass es auch Neuansiedlungen bzw. Erweiterungen gibt, welche bei uns die besten Voraussetzungen sehen. Es ändert sich also etwas hin zum Besseren. Zeitz steht aber nicht nur für neue Arbeitsplätze, sondern auch für ein zukunftsgewandtes Wohnen und Leben in der Stadt, was Menschen lockt, zu kommen und zu bleiben. Deshalb sind wir optimistisch, Zeitz zukunftssicher für alle gestalten zu können.

Wie hat sich der Kreativort „Alte Nudelfabrik“ in Zeitz etabliert?

Bereits vor über 5 Jahren hat die Stadt Zeitz daraufgesetzt, sich mit der Entwicklung und Wiedernutzbarmachung von Altindustriestandorten zu beschäftigen. Neben verschiedenen Ansätzen war einer davon, Kreative und Kulturschaffende, die aus den Ballungsräumen in den ländlichen Raum wechseln wollen, intensiv in ihren Plänen zu unterstützen.

Die Nudelfabrik ist ein gelungenes Beispiel, dass Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft in Zusammenarbeit mit der Stadt Zeitz in Zeitz gute Rahmenbedingungen für ihre Ideen vorfinden und nutzen können. Ursprünglich als Fabrik zur Produktion von Zwieback und Teigwaren errichtet, wird das Areal seit 2017 neu belebt und ist ein besonderes positives Beispiel für Landesmotto #moderndenken. Mit Co-Working-Space, Ausstellungsräumen- und inzwischen auch umfangreichen Übernachtungsmöglichkeiten vor Ort, Freiraum zur kreativen Nutzung bis hin zu Schulungsräumen bietet das ehemalige Industrieareal heute ein perfektes Beispiel zur Umnutzung alter Bauten und zeigt damit, dass eine solch positive Entwicklung in Zeitz machbar ist.

Wie ist der Stand des Digitalisierungszentrums seit der Eröffnung 2020?

Das DZZ befindet sich aktuell in der zweiten Phase Förderphase, bzw. noch im sogenannten vorzeitigen Maßnahmenbeginn. Wirkungsumfeld sind dabei Zeitz und das Kernrevier in Sachsen-Anhalt. Seit Eröffnung wurden über 150 Seminare/Veranstaltungen mit digitalem Themenbezug durchgeführt. Zukünftig liegen die Schwerpunktthemen auch weiterhin in den Bereichen regionale und überregionale Vernetzung, digitale Strategie und Stärkung unternehmerischen Handelns sowie Qualifikation/Aus -und Weiterbildung durch digitale Bildung. Zudem sind weitere Projekte im Bereich Smart City, Digitale Gesundheit und die Zusammenarbeit mit Bildungspartnern der Region geplant.

Welche Angebote werden dort von den Einwohnern besonders angenommen?

Das breite Angebot hat alle Personengruppen, vom Schüler bis zum Unternehmer, angesprochen, was auch die Besucherzahlen bei den einzelnen Veranstaltungen belegen. Kinder und junge Erwachsene konnten sehr gut für Robotik, Sensorik und deren Zusammenwirken begeistert werden. Ebenso überzeugten Großveranstaltungen wie Digitalisierungskonferenz, Zukunftstag der Pflege und die Fachtagung für Kommunalentwicklung der Zukunft die Gäste und Besucher. Darauf wird auch zukünftig aufgebaut. Zudem gehen wir noch mehr auf die Bedürfnisse und Wünsche alle Interessenten ein, so dass die Mitarbeiter des DZZ, wie bereits in der Vergangenheit, interessante Formate entwickeln.

Was bedeutet Smart City, zu welcher das Digitalisierungszentrum Zeitz begleiten soll?

Durch Einsatz moderner Technologie sollen Ideen und Konzepte für städtische und ländliche Räume entwickelt und umgesetzt werden. Dabei werden die Schwerpunkte darauf gelegt, dass die Umsetzung unter den Gesichtspunkten Effizienz und Klimaschutz erfolgen, diese eine Verbesserung der Daseinsfürsorge für die Bürgerinnen und Bürger darstellt und die Anpassung der Prozesse zur Steigerung der Zufriedenheit der Bürger, also digitale Angebote sowie eine serviceorientierte Stadtverwaltung, umgesetzt wird. Voraussetzung für digitale Stadt ist eine energieeffiziente und leistungsfähige IT-Infrastruktur, die Sensoren, Geräte und Anwendungen miteinander verbindet und deshalb haben wir mit dem Aufbau eines LoRaWAN Funknetzes im Stadtgebiet begonnen. Zudem erhoffen wir uns durch die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen Synergieeffekte zur weiteren Entwicklung hin zur Smart City Zeitz.

Warum lohnt es sich Ihrer Meinung nach in Zeitz zu leben?

Zeitz, die Grüne Wohn- und Kulturstadt an der Weißen Elster, kann auf eine über 1050-jährige Geschichte zurückblicken. Eine herrschaftliche Dame könnte man sagen – ein bisschen in die Jahre gekommen, aber lebendig, liebens- und sehenswert. Die Stadt hat bereits viel erlebt, entwickelt sich aber durch die Unerschütterlichkeit und Kreativität der Menschen weiter, hat an allen Ecken und Enden etwas zu bieten und zeigt langsam wieder ihre außergewöhnliche Schönheit. Das ist es auch, was mich an Zeitz so fasziniert und begeistert. Als Oberbürgermeister ist es meine ehrenvolle Pflicht und Berufung, alles in meiner Macht Stehende zu tun, damit Zeitz weitere 1055 Jahre Geschichte schreibt und in eine erfolgreiche, liebens- und lebenswerte Zukunft blicken kann.

Die Stadt ist im Umbruch und die Menschen gestalten diesen aktiv mit.  Beispielsweise kam das Projekt MOEWE – ein Akronym für „Mobile Energie im Kulturraum Weiße Elster“ – nach einem Aufruf des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen für Braunkohleregionen bundesweit unter die 30 bestplatzierten Projektideen und hat jetzt eine realistische Chance auf Fördermittel. Auch beim Ideenwettbewerb „Revierpionier“ stammen 10 prämierte Projektideen aus Zeitz, wie Posa Calling, die Umweltkirche Zangenberg und der Sagenweg im Schnaudertal.

Die Wirtschaft entwickelt sich gut und durch das Nutzen der einmaligen Chance des Strukturwandels sind vielseitige kulturelle und touristische Angebote entstanden. Die Stadt wird durch die Maßnahmen im Städtebau, in der Verkehrs- und digitalen Infrastruktur, durch die Schaffung von Bildungsangeboten und der Veränderung des gesamten Lebensumfeldes von Tag zu Tag attraktiver und wird dabei neugestaltet, zeigt sich offen und entwickelt sich zukunftsorientiert. Beispiele sind die kostenfreien Angebote des Digitalisierungszentrum Zeitz, das Nachhaltigkeitsmanagement sowie natürlich die liebevoll gestalteten Veranstaltungen der Mitarbeiter des Hauses der Jugend. Auch unsere Vereinslandschaft und die Qualität der Vereinsangebote beeindruckt mich immer wieder. Es gibt also viele Gründe, warum es sich lohnt!

Das Projekt Imagekampagne "Zeitz - Die Kleinstadt" wird gefördert durch: